Work-Life-Balance mal anders

Der Ausdruck Work-Life-Balance hat bis heute kaum etwas von seinem Optimismus eingebüßt. Das bedeutet in der Praxis, dass viele von uns darum bemüht sind, dieses Gleichgewicht Dank der Stärkung der Life-Seite zu erreichen, denn es gilt für die meisten unter uns als ausgemachte Sache, dass „Work“ hier den alles dominierenden Part innehält. Dagegen wird „Life“ als Leichtgewicht wahrgenommen, dessen Verteidigung - fast schon traditionell - im Bereich der guten Vorsätze ihren Stammplatz findet. Und welche Aufgabe haben die guten Vorsätze zu erfüllen? Genau diese, welche in ihrem Namen bereits steckt: sie sollen als gute Vorsätze gute Vorsätze bleiben. Und das tun sie auch. Sehr erfolgreich übrigens.

Nun, was ich anzubringen habe ist nicht ein weiterer toller Tipp, wie sich die Work-Life-Balance endlich mal dauerhafter halten ließe. Ich bitte Sie lediglich den Ansatz selbst etwas genauer zu betrachten. Der Akzent von Work-Life-Balance sitzt nämlich nicht, wie häufig gedacht, auf der Tätigkeit des Ausbalancierens, sondern ist viel unsichtbarer. Die eigentliche Handlung findet bereits früher statt und zwar in der Trennung von Work und Life.

Halten Sie bitte kurz inne und spüren körperlich nach, wie es sich anfühlt, wenn Sie zu sich selbst sagen: meine Arbeit ist von meinem Leben getrennt. Oder umgekehrt: mein Leben ist von meiner Arbeit getrennt. Es kann sein, dass Ihr Körper ganz unterschiedlich auf diese Aussage und die ihr zu Grunde liegende Handlung der Trennung reagieren wird. Wenn Sie ihre Arbeit nicht mögen, oder im Gegenteil, wenn sie Ihr Ein und Alles ist, wird Ihr Körper Sie dazu zwingen, nicht so sehr auf die Balance zu achten, sondern die Trennung zu vollziehen und so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, damit das, womit er sich am wohlsten fühlt, bestehen bleibt. Ob dies immer das „Life“ sein wird, vor allem dann, wenn wir darunter unser privates Leben verstehen, sei sehr dahingestellt.

Mit andren Worten: eine Wirkliche Trennung von Work und Life ist niemals wirklich gegeben und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen, weil „Life“ der allgemeinere mentale Begriff ist und „Work“ der ihm untergeordnete. Das bedeutet, ob Sie ihren Job oder Ihre unbefriedigenden persönlichen Verhältnisse und Erlebnisse mögen oder nicht, sie alle sind immer schon und immer nur das Leben.

Zum anderen ist Trennung – und das ist viel grundlegender - zunächst das Ergebnis einer körperlichen Einstellung, welche in der Lage ist, das, was der Körper nicht mag, als etwas von ihm Getrenntes wahrzunehmen. Dieser Vorgang - und es ist ein Vorgang – ereignet sich spürbar dadurch, indem sich unser Körper immer wieder dann kontrahiert, also anspannt, wenn er das, was sich gerade ereignet, nicht wahrnehmen will oder kann. Diese wunderbare körperliche Fähigkeit sich anzuspannen und dadurch zusammen zu ziehen, erweist uns viele gute Dienste, weil dadurch unsere Wahrnehmungsfähigkeit heruntergefahren wird. Allerdings gibt es diesen Schutz nicht umsonst. Der Preis dafür ist das Gefühl des Getrenntseins von dem, wovor wir uns erfolgreich schützen.

Also: Schützen wir uns wirklich vor der Arbeit? Oder versprechen wir uns sogar von ihr all die notwendigen Voraussetzungen, die uns noch fehlen, um mit dem Leben anzufangen?
Und: ist diese Haltung und die aus ihr sich ergebenden täglichen Handlungen die einzig mögliche?

Dazu in den kommenden Tagen mehr auf dieser Seite......

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